
Was sich Menschen mit ADHS dauernd anhören müssen
Mythen und Vorurteile
bei ADHS
Es gibt viele Mythen, Missverständnisse und Vorurteile bei ADHS, die oft auf Unwissenheit oder veraltete Informationen zurückzuführen sind.
Diese Vorurteile können das Leben von Menschen mit ADHS erheblich erschweren. Sie verstärken falsche Annahmen und fördern die Stigmatisierung.
Gehen wir also einige der größten Vorurteilen bei ADHS auf den Grund und schauen uns an, warum sie entstanden sind und was tatsächlich stimmt.
Indem wir die Mythen rund um ADHS abbauen, können wir ein besseres Verständnis dafür schaffen, was ADHS wirklich ist – meist eine große Herausforderung, aber auch eine besondere Art, die Welt wahrzunehmen, zu bereichern und zu erleben.
Mit der richtigen Unterstützung und Herangehensweise kann ADHS von einer überwältigenden Belastung zu einer besonderen Stärke werden.

“ADHS ist eine Kinderkrankheit.”
Warum dieser Mythos existiert:
ADHS wurde lange Zeit primär als Entwicklungsstörung bei Kindern betrachtet, insbesondere wegen der offensichtlichen Symptome wie Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsproblemen im Klassenzimmer. Viele glaubten, dass ADHS sich mit dem Erwachsenwerden “verwächst” oder verschwindet.
Was wirklich stimmt:
ADHS bleibt bei den meisten Betroffenen bis ins Erwachsenenalter bestehen. Die Symptome können sich verändern – bei Erwachsenen stehen oft Unaufmerksamkeit, emotionale Dysregulation und Impulsivität im Vordergrund, während Hyperaktivität tendenziell abnimmt oder in Form von innerer Unruhe weiter besteht. Tatsächlich ist ADHS eine lebenslange Bedingung, die meist lediglich ihr Erscheinungsbild nach Aussen verändert – abhängig von der Lebensphase und der individuellen Fähigkeit sie zu „verbergen“.

“ADHS ist nur eine Ausrede für schlechtes Benehmen oder eine Modediagnose.”
Warum dieser Mythos existiert:
Dieses Vorurteil bei ADHS rührt oft daher, dass Menschen die Symptome – wie impulsives Verhalten oder Unaufmerksamkeit – als “Charakterschwächen” oder mangelnde Disziplin missverstehen. Es gibt auch die Idee, dass ADHS “überdiagnostiziert” ist, insbesondere aufgrund der aktuell steigenden Zahl an Diagnosen.
Was wirklich stimmt:
ADHS ist eine gut erforschte, neurologische Störung, die auf Dysfunktionen in bestimmten Hirnarealen beruht, insbesondere in den Bereichen, die für Aufmerksamkeit und Selbstkontrolle verantwortlich sind. Menschen mit ADHS kämpfen nicht mit Faulheit oder schlechtem Verhalten, sondern mit einer echten biologischen Herausforderung. Der Anstieg der Diagnosen spiegelt ein besseres Verständnis der Störung wider – insbesondere bei Erwachsenen und Frauen, die früher meist unerkannt blieben.

“ADHS betrifft nur Jungen.”
Warum dieser Mythos existiert:
Jungen zeigen häufig eher hyperaktive und impulsive Symptome, die in der Schule und für das Umfeld leichter zu erkennen sind. Diese auffälligen Verhaltensweisen führten historisch dazu, dass ADHS bei Jungen viel häufiger diagnostiziert wurde als bei Mädchen. Sie weisen tendenziell ruhigere, unaufmerksamere Symptome auf und lernen oft – gesellschaftlich bedingt – früher zu maskieren.
Was wirklich stimmt:
ADHS betrifft sowohl Jungen als auch Mädchen, aber bei Mädchen äußert es sich möglicherweise anders – weniger durch Hyperaktivität und mehr durch Unaufmerksamkeit, Tagträumerei oder emotionale Probleme. Diese weniger offensichtlichen Symptome führen dazu, dass ADHS bei Mädchen und Frauen häufiger nicht oder falsch diagnostiziert wird. Das Verständnis, dass ADHS bei beiden Geschlechtern auftritt wächst. Es gibt aber immer noch eine Wissenslücke in der Öffentlichkeit und auch die Diagnostik selbst ist ursprünglich auf Jungen zugeschnitten.

“ADHS wird durch schlechte Erziehung oder zuviel Medienkonsum verursacht.”
Warum dieser Mythos existiert:
Es ist einfach den Eltern oder moderne Technologien wie Fernsehen, Videospiele oder Smartphones die Schuld für Verhaltensprobleme oder Aufmerksamkeitsstörungen zu geben. Eltern von Kindern mit ADHS fühlen sich oft ohnehin bereits schuldig oder werden von der Gesellschaft für das Verhalten ihrer Kinder verantwortlich gemacht. Der Eindruck verstärkt sich auch weiters dadurch, dass Menschen – bedingt durch ihre ADHS – tatsächlich zu erhöhtem Medienkonsum und „nicht regelkonformem Verhalten“ neigen.
Was wirklich stimmt:
ADHS ist eine genetisch bedingte neurologische Besonderheit. Umweltfaktoren wie Erziehung, Medienkonsum oder Ernährung können die Intensität der Symptome beeinflussen, aber sie verursachen diese nicht. Studien zeigen, dass ADHS eine starke genetische Komponente hat – wenn ein Elternteil ADHS hat besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es an die Kinder weitergegeben wird.
Es kann eine bestehende ADHS sehr wohl Mitgrund für übermäßigen Medienkonsum sein, da die Algorithmen darauf ausgelegt sind die Ausschüttung von Dopamin zu steigern – sie entsteht aber nicht ursächlich daraus.
Da Kinder mit ADHS zu hyperaktivem, unkonformem, forderndem und oportutionellem Verhalten neigen, mag es für Aussenstehende zeitweise so wirken als wären sie „schlecht erzogen“. Doch auch dies sind ADHS typische Symptome, die aus den angeborenen genetischen Faktoren resultieren und sicher keine Indikatoren für die Erziehungsleistung der Eltern.

“Menschen mit ADHS können sich konzentrieren, wenn sie wirklich wollen.”
Warum dieser Mythos existiert:
Dieses Vorurteil entsteht, weil Menschen mit ADHS situationsabhängig durchaus in der Lage sind sich auf bestimmte Aufgaben extrem gut zu konzentrieren – vor allem auf solche, die sie besonders interessieren und die von ihrem Gehirn als belohnend wahrgenommen werden. Das Phänomen der Hyperfokussierung wird oft fälschlicherweise als Beweis dafür angesehen, dass die Betroffenen nur “faul” sind oder sich einfach nicht genug anstrengen, wenn sie sich nur unwillentlich konzentrieren können.
Was wirklich stimmt:
Das Problem bei ADHS ist nicht, dass Menschen sich nie konzentrieren können.
Es geht vielmehr darum, dass sie ihre Aufmerksamkeit nur sehr bedingt willentlich steuern können. Sie haben Schwierigkeiten ihre Konzentration auf Routineaufgaben zu lenken oder bei Aufgaben zu bleiben, die gewisse Voraussetzungen der intrinsischen Motivation nicht erfüllen. Ein Hyperfokus tritt oft bei besonders fesselnden Tätigkeiten auf. Er ist aber genau genommen auch ein Zeichen dafür, dass die Fähigkeit die eigene Aufmerksamkeit flexibel zu steuern gestört ist – und stellt ganz sicher kein Indiz für fehlende Anstrengung dar.

“ADHS-Medikamente sind gefährlich und machen süchtig.”
Warum dieser Mythos existiert:
ADHS Medikamente – besonders Stimulanzien wie Ritalin oder Adderall – haben den Ruf „Drogen“ zu sein nie ganz abgelegt. Besonders weil sie in Schulen oder am Arbeitsplatz von Menschen ohne ADHS als Aufputschmittel missbraucht werden um die Leistung zu steigern. Dies hat zu der Befürchtung geführt, dass sie süchtig machen oder langfristige Schäden verursachen könnten.
Was wirklich stimmt:
Bei richtiger ärztlicher Verschreibung und Überwachung sind ADHS Medikamente sicher und äußerst effektiv. Sie ersetzen die fehlenden Neurotransmitter im Gehirn der Betroffenen und helfen so dabei, die Symptome von ADHS zu regulieren. Das Risiko einer Abhängigkeit bei sachgemäßer Anwendung ist extrem gering. Tatsächlich senken ADHS Medikamente das erhöhte Risiko für Suchtverhalten bei ADHS, weil sie helfen die Impulsivität und emotionale Dysregulation zu kontrollieren.
Interessante Tatasche:
Da Menschen mit ADHS oft Dinge oder Tätigkeiten vergessen, kommt es öfters vor, dass sie die – angeblich süchtig machenden – Medikamente nicht einnehmen. Meist müssen sie sich Timer und Erinnerungen stellen oder integrieren die Einnahme als fixen Bestandteil in ein Ritual, um sie auch wirklich zu nehmen.

“ADHS ist keine echte Störung, sondern nur eine Schwäche.”
Warum dieser Mythos existiert:
ADHS Symptome – wie wechselnde Aufmerksamkeit oder Impulsivität – sind Eigenschaften, die jeder Mensch in gewissem Ausmaß hat und kennt. Dies führt zur Annahme, ADHS sei nur eine “schlechte Angewohnheit”, mangelnde Selbstbeherrschung oder eine Frage der Willenskraft.
Was wirklich stimmt:
ADHS ist eine klar definierte – genetisch bedingte – neurologische Abweichung, die von Experten weltweit anerkannt wird. Sie beeinflusst nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Fähigkeit, Emotionen, Impulse und exekutive Funktionen zu steuern. Dabei gehen die Symptome in Intensität und der Möglichkeit sie zu beherrschen, zu regulieren oder zu unterdrücken, weit über die Erfahrungen von neurotypischen Menschen hinaus.
Die Auswirkungen von ADHS können erheblich sein, wenn sie nicht behandelt werden. Sie betreffen meist alle Bereiche des Lebens wie die schulische Leistung, die Berufslaufbahn, soziale Beziehungen, das eigene Selbstbewusstsein und das allgemeine Wohlbefinden.
Gleich ob in der medizinischen Definition, den Möglichkeiten der Einflussnahme der Betroffenen darauf oder dem Umfang der Auswirkungen – ADHS stellt weit mehr dar als eine simple „Charakterschwäche“.
Abgesehen davon, bringt es auch ganz besondere Begabungen und Stärken mit sich, die ich hier auch noch angesprochen haben möchte.

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